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Brief für Steuerpflichtige im Privatbereich des Monats Mai 2014


Sehr geehrte Damen und Herren,


der Ihnen nun vorliegende Brief möchte Sie über wesentliche, vollzogene oder geplante Änderungen im Steuer- und Wirtschaftsrecht der letzten Monate informieren und Ihnen Anlass bieten, auch bestehende Sachverhalte zu überprüfen.

Bitte lesen Sie im Einzelnen:


Inhalt

1.

Kindergeld: Sind eigene Einkünfte des verheirateten Kindes relevant?

2.

"Syndikusanwälte": Keine Befreiung von der Rentenversicherungspflicht

3.

Krankheitsbedingte Unterbringung im Wohnstift

4.

Verlustausgleichbeschränkung für Steuerstundungsmodelle

5.

Erwerb eines mit Erbbaurecht belasteten Grundstücks: Kein Bewertungsabschlag

6.

Widerruf wechselbezüglicher Verfügungen im Ehegattentestament

7.

Schenkung: Anforderungen an den Widerruf wegen groben Undanks

8.

Kostenerstattung nur bei zwingend vorgeschalteten Vorverfahren

9.

Geldwäschebekämpfung: EU-Parlament verabschiedet neuen Gesetzentwurf

10.

Teilnahme an einer Fernsehshow: Preisgeld ist steuerpflichtig!

11.

Photovoltaikanlage auf Hausdach: Kein Teilabzug privater Gebäudekosten

12.

Kinderbetreuungskosten: Zur Abzugsmöglichkeit

13.

Zur Berücksichtigung von Abschreibungen beim Nichteigentümer

14.

Zur Geltendmachung von Fremdwährungsverlusten

15.

Untervertretung: Anforderungen an sittenwidrige Kollision

16.

FACTA-Abkommen: BMF legt Verordnung zur Umsetzung vor

17.

Auslandsspende innerhalb der EU: Zur Abzugsmöglichkeit

18

Neue Steuerbescheide in NRW

19.

Zum Wegfall der Einkünfteerzielungsabsicht bei einem sanierungsbedürftigen und teilweise leerstehenden Mehrfamilienhaus

20.

"Zahnarztfrau": Zur steuerlichen Beurteilung einer selbstständigen Tätigkeit

21.

Zur Berücksichtigung von Zivilprozesskosten als außergewöhnliche Belastung

22.

Rückverkauf von Genussrechten: Überschuss kann Arbeitslohn sein

23.

Steuer-CDs: Zur Verwertbarkeit im Strafverfahren

24.

Zum heimischen Telearbeitsplatz eines Steuerberaters (Einkommensteuer)

25.

Unzureichender Behindertenschutz durch Pflichtteilsstrafklausel

26.

Zum Pflegekindschaftsverhältnis beim Kindergeld

27.

Kosten von Nahrungsergänzungsmitteln: Berücksichtigung als außergewöhnliche Belastung?



1. Kindergeld: Sind eigene Einkünfte des verheirateten Kindes relevant?

Kernproblem
Für volljährige Kinder steht den Eltern Kindergeld zu, wenn sich die Kinder in Berufsausbildung befinden und das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben. Nach langjähriger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) erlosch der Kindergeldanspruch für ein volljähriges Kind grundsätzlich mit dessen Eheschließung, weil die Unterhaltsverpflichtung der Eltern infolge der Heirat und der zivilrechtlich vorrangigen Verpflichtung des Ehegatten regelmäßig entfiel. Ein Anspruch auf Kindergeld blieb nur erhalten, wenn die Einkünfte des Ehepartners für den vollständigen Unterhalt des Kindes nicht ausreichten und das Kind auch nicht über ausreichende eigene Mittel verfügte (sogenannter Mangelfall). Seit dem Jahr 2012 ist Kindergeld stets unabhängig von den eigenen Einkünften und Bezügen des Kindes zu gewähren, soweit sich das Kind in Erstausbildung oder einem Erststudium befindet. An der Rechtsauffassung der Familienkassen hat sich aber in Bezug auf verheiratete Kinder nichts geändert. Diesmal klagte eine Mutter, deren verheiratete Tochter über ausreichendes Einkommen verfügte.

Sachverhalt
Für ihre 24-jährige Tochter beantragte eine Mutter im Jahr 2013 Kindergeld. Die Tochter war seit dem Jahr 2010 verheiratet und absolvierte ein Erststudium der Rechtswissenschaften. Ihr Ehemann befand sich in Ausbildung und erhielt ein geringes Schulgeld von jährlich ca. 3.000 EUR. Durch ein Stipendium und eine Beschäftigung als Wissenschaftliche Hilfskraft standen der Tochter mehr als 10.000 EUR im Jahr zur Verfügung. Die Familienkasse lehnte die Auszahlung von Kindergeld ab, weil sich die Tochter selbst unterhalten könne und ein Mangelfall nicht vorliege. Dagegen klagte die Mutter vor dem Niedersächsischen Finanzgericht (FG), weil der grundsätzlich unterhaltsverpflichtete Ehemann der Tochter nur über geringes Einkommen verfüge und damit ein Mangelfall vorläge. Eigene Einkünfte und Bezüge der Tochter im Erststudium seien seit dem Jahr 2012 unerheblich.

Entscheidung
Das FG hat der Mutter das Kindergeld zugesprochen, aber die (bereits anhängige) Revision beim BFH zugelassen. Da sich das Kind in Erstausbildung beziehungsweise dem Erststudium befinde, sei eine Überprüfung der Einkünfte und Bezüge nach der Neufassung der Kindergeldregelung nicht mehr erforderlich. Das müsse auch gelten, wenn das Kind bereits verheiratet sei, denn aus dem Wortlaut der Regelung sei nicht zu entnehmen, dass der Familienstand zu berücksichtigen ist. Dem stehe auch die Rechtsprechung des BFH zum "Mangelfall" nicht mehr entgegen, nachdem der Gesetzgeber in Kauf genommen habe, dass auch für Kinder mit hohem eigenem Einkommen Kindergeld gezahlt werde. Die einschlägigen Verwaltungsanweisungen der Familienkassen binden dagegen nur die Verwaltung, nicht die Gerichte.

Konsequenz
Alle hiervon betroffenen Eltern sollten das Kindergeld rückwirkend ab Januar 2012 beantragen, soweit das verfahrensrechtlich möglich ist. In einem ähnlichen Fall hat der BFH bereits entschieden, dass der Mangelfallrechtsprechung die Grundlage entzogen sei.

2. "Syndikusanwälte": Keine Befreiung von der Rentenversicherungspflicht

Kernaussage
Abhängig beschäftigten "Syndikusanwälten" steht kein Befreiungsanspruch in der gesetzlichen Rentenversicherung zu. Für diejenigen, die bereits von der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht zugunsten der berufsständischen Versorgungswerke befreit sind, soll sich aus Gründen des Vertrauensschutzes nichts ändern.

Sachverhalt
Die Kläger der 3 Ausgangsverfahren hatten bei der beklagten Deutschen Rentenversicherung Bund die Befreiung in der gesetzlichen Rentenversicherung beantragt. Die Anträge wurden abgelehnt, weil die Kläger in ihren jeweiligen Beschäftigungen keine anwaltliche Tätigkeit ausübten. Die Entscheidungen der Landessozialgerichte differierten: Das Landessozialgericht (LSG) Nordrhein-Westfalen vertrat die Auffassung, dass eine Befreiung im Falle eines Arbeitsverhältnisses mit einem nichtanwaltlichen Arbeitgeber generell nicht möglich sei. Unterschiedlich urteilten die Senate des LSG Baden-Württemberg, wonach die Befreiung möglich sein sollte, sofern die Beschäftigung weder die Versagung oder Rücknahme der Anwaltszulassung noch ihren Widerruf rechtfertige oder aber bezüglich der zu beurteilenden Tätigkeit die kumulative Erfüllung der Merkmale Rechtsberatung, -entscheidung, -gestaltung und -vermittlung vorliegen müssen. Das Bundessozialgericht (BSG) hat alle 3 Klagen abgewiesen.

Entscheidung
Die Regelungen des SGB VI verlangen für die Möglichkeit der Befreiung, dass der Betroffene durch ein und dieselbe Tätigkeit gesetzlich zur Mitgliedschaft in 2 verschiedenen Versorgungseinrichtungen gezwungen ist. Die Beschäftigung also die Versicherungspflicht in beiden Systemen auslöst. Diese Voraussetzung ist nicht erfüllt. Die Tätigkeit als angestellter Mitarbeiter eines Unternehmens ist wesensverschieden von der Tätigkeit des Rechtsanwalts. Unabhängiges Organ der Rechtspflege und damit Rechtsanwälte sind die Unternehmensjuristen somit nur in ihrer freiberuflichen, versicherungsfreien Tätigkeit außerhalb ihres Dienstverhältnisses.

Konsequenz
Wer bereits eine Befreiung erlangt hat, muss voraussichtlich nicht mit einer Aufhebung eben dieser rechnen. Allerdings besteht der Vertrauensschutz nur, soweit es zu keiner Änderung des Beschäftigungsverhältnisses kommt. Bei Änderungen von Anstellungsverträgen ist dies zu bedenken.

3. Krankheitsbedingte Unterbringung im Wohnstift

Kernaussage
Die Kosten der krankheitsbedingten Unterbringung in einem Wohnstift sind insgesamt als außergewöhnliche Belastungen abzugsfähig. Dies gilt für die gesamten Aufwendungen, soweit diese nicht außerhalb des üblichen Rahmens liegen.

Sachverhalt
Die pflegebedürftige Klägerin bewohnte ein Apartment mit einer Größe von rund 75 qm in einem Seniorenwohnstift. Für die gesamten Unterbringungskosten, darin enthalten unter anderem eine ganztägige Grundbetreuung, Therapieangebote, ständige Notrufbereitschaft, Versorgung sowie Grundpflege, entrichtete sie ein Pauschalentgelt. Pflegeleistungen wurden hingegen aufgrund eines gesonderten Vertrags abgerechnet. Die Klägerin machte die gesamten Kosten in ihrer Einkommensteuererklärung geltend. Das Finanzamt folge dem Ansatz daraufhin nicht. Hiergegen wurde Klage vor dem Finanzgericht (FG) eingereicht.

Entscheidung
Die Richter des FG folgten zunächst dem Finanzamt. Vor dem Bundesfinanzhof (BFH) wurde das Urteil jedoch aufgehoben und zwecks Feststellung der Üblichkeit der Apartmentgröße an das FG zurück verwiesen. Nach Auffassung der höchsten Finanzrichter erwachsen sämtliche geltend gemachten Kosten zwangsläufig im Sinne des § 33 EStG und sind demzufolge als außergewöhnliche Belastung abzugsfähig. Dies gelte sowohl für die Pflege- als auch für die pauschal berechneten Unterbringungskosten. Die konkrete Höhe der abzugsfähigen Aufwendungen berechne sich anhand der Gesamtkosten, soweit diese nicht unüblich sind, abzüglich der eintretenden Haushaltsersparnis.

Konsequenz
Sämtliche Kosten einer krankheitsbedingten Unterbringung in einer Pflegeeinrichtung erwachsen zwangsläufig und sind als außergewöhnliche Belastungen berücksichtigungsfähig. Die Thematik der Abzugsfähigkeit derartiger Kosten wird in Zukunft stetig an Bedeutung gewinnen, da durch den ratierlichen Anstieg der Rentenversteuerungsquote bis hin zur vollen Rentensteuerpflicht im Jahr 2040 mehr und mehr Rentner Einkommensteuer zu zahlen haben werden.

4. Verlustausgleichbeschränkung für Steuerstundungsmodelle

Kernaussage
Verluste aus der Beteiligung an sogenannten Steuerstundungsmodellen dürfen weder mit Einkünften aus Gewerbebetrieb noch mit anderen Einkünften verrechnen werden. Ein Steuerstundungsmodell liegt vor, wenn aufgrund modellhafter Gestaltungen durch Verluste steuerliche Vorteile erlangt werden sollen. Die Regelung zu der Verlustausausgleichsbeschränkung ist hinreichend bestimmt und einer Auslegung zugänglich.

Sachverhalt
Die Klägerin ist eine Leasinggesellschaft in der Rechtsform einer GmbH & Co. KG. Die Gesellschaftsgründung erfolgte im Jahr 2006 auf Basis eines "Konzeptpapiers zur Gründung einer Leasinggesellschaft", auf dessen Grundlage bereits andere Kommanditgesellschaften gegründet worden waren. Abweichend von den früheren Konzeptpapieren sieht der Prospekt der Klägerin keine Nachsteuerbetrachtung für den Kommanditisten beziehungsweise keine Erläuterungen zu etwaigen Steuerersparnissen vor. In ihrer Feststellungserklärung für das Streitjahr 2006 gab die Klägerin unter Einbezug einer Ansparrücklage in Höhe von 114.000 EUR einen Verlust aus Gewerbebetrieb in Höhe von 115.284 EUR an. Das Finanzamt versagte die Anerkennung der Ansparrücklage und stellte einen Verlust aus Gewerbebetrieb in Höhe von 1.284 EUR fest. Die Einkünfte wurden in Höhe von 20.000 EUR der GmbH in Höhe von 21.284 EUR dem Beigeladenen zugerechnet. Das Finanzamt war der Ansicht, es handele sich um ein Steuerstundungsmodell und stellte in gleicher Höhe einen verrechenbaren Verlust fest. Das Finanzgericht und der Bundesfinanzhof gaben der Klägerin Recht.

Entscheidung
Im vorliegenden Fall liegt kein Steuerstundungsmodell vor. Dieses ist nur dann anzunehmen, wenn auf Grund einer modellhaften Gestaltung steuerliche Vorteile in Form negativer Einkünfte erzielt werden sollen. Dies ist wiederum der Fall, wenn dem Steuerpflichtigen durch das gebotene Konzept zumindest in der Anfangsphase der Investition Verluste geboten werden, die mit übrigen Einkünften zu verrechnen sind. Ob in der Sache ein Steuerstundungsmodell gegeben ist, ist im Wege einer wertenden Gesamtbetrachtung zu ermitteln. Jedenfalls verstößt die Regelung zur Verlustausgleichsbeschränkung für Steuerstundungsmodelle nicht gegen das Bestimmtheitsgebot, da die Norm hinreichend klar formuliert und aufgrund dessen auslegbar ist.

Konsequenz
Ist aufgrund der modellhaften Gestaltung der Beteiligung davon auszugehen, dass die prognostizierten Anfangsverluste 10 % des aufzubringenden Kapitals übersteigen, liegt ein Steuerstundungsmodell vor. Das Urteil zeigt, dass sich dies Modell mit der entsprechenden Vertragsgestaltung vermeiden lässt.

5. Erwerb eines mit Erbbaurecht belasteten Grundstücks: Kein Bewertungsabschlag

Rechtslage
Mit einem Erbbaurecht belasteter Grundbesitz wird im Rahmen der Erbschaftsteuer mit dem abgezinsten Bodenwert zuzüglich des kapitalisierten Erbbauzinses bewertet. Soweit der erbbaurechtsbelastete Grundbesitz bebaut ist, kommt es zu einer Erhöhung dieser Bewertung um den Gebäudewert, wenn das Gebäude bei Ende des Erbbaurechts mit einem Wert, der unter seinem Verkehrswert liegt, oder gar nicht abgefunden wird. Das Finanzgericht Düsseldorf hatte nunmehr darüber zu entscheiden, ob auf diesen Wert, wenn die Erbbauimmobilie vermietet ist, der Bewertungsabschlag für Vermietungsobjekte im Rahmen der Erbschaftsteuer zu gewähren ist.

Sachverhalt
Der Kläger hatte vom Erblasser einen Anteil an einem mit einer Vermietungsimmobilie bebauten, erbbaurechtsbelasteten Grundstück durch Erbfall erworben. Im Rahmen der Erbschaftsteuerveranlagung bewertete das Finanzamt den Grundbesitz nach den allgemeinen Bewertungsregelungen für Erbbaurechte; ein Gebäudewert wurde nicht angesetzt, da das Gebäude zum Verkehrswert bei Erbbaurechtsende abgefunden werden musste. Mit seiner Klage verfolgte der Kläger das Ziel auf die Bewertung des Finanzamtes den Bewertungsabschlag für Vermietungsobjekte zu erhalten.

Entscheidung
Die Klage wurde abgewiesen, die Revision zum Bundesfinanzhof aber zugelassen. Zur Begründung stellt das Finanzgericht Düsseldorf darauf ab, dass der Kläger lediglich einen Anteil an dem mit dem Erbbaurecht belasteten Grundstück erhalten habe. Hiervon sei die Immobilie, die aufgrund des Erbbaurechts errichtet worden sei (aber nicht bzw. nicht in dieser Form hätte errichtet werden müssen, weil der Erbbauberechtigte mit dem Erbbaurecht lediglich die Nutzung des Grundbesitzes erhalte), zu trennen. Nur für die Wohnungsimmobilie werde aber der Bewertungsabschlag für Vermietungsobjekte gewährt.

Konsequenz
Es bleibt zu abzuwarten, wie der Bundesfinanzhof in der Sache entscheidet. Allerdings erscheint die Entscheidung des Finanzgerichts zutreffend, denn der Kläger erwirbt hier tatsächlich nur einen Anteil am Grundbesitz, nicht aber an der Immobilie; dies gilt jedenfalls dann, wenn Eigentum am Grundbesitz und Stellung als Erbbauberechtigter, also "Immobilienbesitzer", auseinander fallen.

6. Widerruf wechselbezüglicher Verfügungen im Ehegattentestament

Rechtslage
Haben Ehegatten ein gemeinschaftliches Ehegattentestament errichtet und will einer der Ehegatten seine letztwilligen Verfügungen widerrufen, ist dies nur unter besonderen formellen Voraussetzungen möglich. So muss dem anderen Ehegatten mindestens eine Ausfertigung des notariell beglaubigten Widerrufs zugestellt werden. Andernfalls kommt er - auch wenn die Ehegatten getrennt leben - nicht von seinen letztwilligen Verfügungen frei. Das Oberlandesgericht Karlsruhe hatte nunmehr darüber zu entscheiden, ob die Zustellung der Ausfertigung des notariell beglaubigten Widerrufs nachgeholt werden kann.

Sachverhalt
Ein Erblasser hatte im Jahre 1994 mit seiner Ehefrau ein gemeinschaftliches Ehegattentestament errichtet, in dem sich die Ehegatten wechselseitig zu Erben eingesetzt hatten. Im Jahre 1997 trennten sich die Ehegatten, ohne sich scheiden zu lassen. Im Jahre 2007 beurkundete der Erblasser seinen Widerruf des gemeinschaftlichen Ehegattentestamentes vor einem Notar und stellte seiner Frau eine beglaubigte Abschrift der Ausfertigung des Widerrufs über einen Gerichtsvollzieher zu. 5 Monate später - der Erblasser war zwischenzeitlich verstorben und hatte ein neues Testament zugunsten seiner Lebensgefährtin errichtet - ließ der beurkundende Notar der Ehefrau eine Ausfertigung des von ihm beurkundeten Widerrufs zustellen.

Entscheidung
In dem Rechtsstreit zwischen der Ehefrau und der Lebensgefährtin hatte das Gericht über die Wirksamkeit des Widerrufs zu entscheiden und entschied, dass der wirksame Widerruf einer Erbeinsetzung durch wechselbezügliche Verfügungen in einem Ehegattentestament den Zugang der Urschrift (= Original) oder einer Ausfertigung der notariell beurkundeten Widerrufserklärung voraussetze. Der Zugang einer "geringeren" Form der Widerrufserklärung sei nicht ausreichend. Darüber hinaus könne - jedenfalls im konkreten Fall - der Zugang der korrekten Form des Widerrufs auch nicht nachgeholt werden; ein zeitlicher Abstand von 5 Monaten sei hierfür zu groß.

Konsequenz
Die Entscheidung mutet formalistisch an. Sie zeigt jedoch die Fallstricke, die in formalen Tatbeständen des Erbrechts lauern. Dies gilt insbesondere auch deshalb, weil eine Korrektur dieser Tatbestände aus Treu- und Glaubens-Erwägungen regelmäßig nicht in Betracht kommt.

7. Schenkung: Anforderungen an den Widerruf wegen groben Undanks

Rechtslage
Schenkungen können, wenn der Beschenkte gegenüber dem Schenker groben Undank an den Tag legt, widerrufen werden. Regelmäßig wird dieser angenommen, wenn der Beschenkte gegenüber dem Schenker eine Straftat ausübt. Ausreichend ist aber, dass objektiv eine Verfehlung mit einer gewissen Schwere und subjektiv eine undankbare Gesinnung des Beschenkten vorliegt. Der Bundesgerichtshof hatte nunmehr Gelegenheit, die Grenzen des Undanks zu bestimmen.

Sachverhalt
Der Schenker hatte dem Beschenkten eine Immobilie gegen lebenslanges Wohnrecht übertragen. Zugleich war der Beschenkte umfassend bevollmächtigt worden. Nach einer Erkrankung des Schenkers war zunächst eine Kurzzeitpflege und anschließend die Rückkehr in die Immobilie besprochen worden. Anstelle dessen brachte der Beschenkte den Schenker auf der Basis der ihm erteilten Vollmachten dauerhaft in einer Pflegeeinrichtung für Demenzkranke unter. Hiergegen wehrte sich der Schenker unter Zuhilfenahme von Bekannten. Der Beschenkte stieß ein Betreuungsverfahren an und untersagte Dritten jeden Kontakt zum Schenker. Schließlich widerrief der Schenker die Schenkung wegen groben Undanks und verlangte die Immobilie zurück. Die Klage wurde zuletzt durch das Berufungsgericht abgewiesen, weil der Beschenkte aufgrund medizinischer Gutachten davon ausgehen konnte, dass der Schenker geschäftsunfähig gewesen sein könnte.

Entscheidung
Diese Entscheidung wurde vom Bundesgerichtshof verworfen und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurück verwiesen. Denn das Berufungsgericht hat außer Acht gelassen, dass der Schenker - unabhängig von der Frage seiner Geschäftsfähigkeit - erwarten durfte, dass sein Recht auf personelle Selbstbestimmung durch den Beschenkten (und Bevollmächtigten) respektiert werde. Mit anderen Worten, das Berufungsgericht wird klären müssen, ob es eine ausreichend schwere Verfehlung darstellt, wenn der Beschenkte Betreuungs- und Pflegemaßnahmen im Vorfeld nicht mit dem Schenker bespricht und ob der Beschenkte in schädlicher Gesinnung gehandelt hat.

Konsequenz
Die Entscheidung hat 2 Stoßrichtungen. Zum einen hindert die Geschäftsunfähigkeit des Schenkers die Geltendmachung des Rückforderungsanspruches nicht automatisch. Zum anderen kann es in Abhängigkeit der neuen Entscheidung des Berufungsgerichts dazu kommen, dass die Grenzen groben Undanks in Pflegefragen verhältnismäßig früh einsetzen.

8. Kostenerstattung nur bei zwingend vorgeschalteten Vorverfahren

Kernaussage
Die Gebühren und Auslagen des Prozessbevollmächtigten für seine Tätigkeit in einem zwingend vorgeschalteten Vorverfahren - wie dem Einspruchsverfahren - sind erstattungsfähig, wenn das Gericht die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig erklärt. Steht ein Steuer- oder Feststellungsbescheid unter dem Vorbehalt der Nachprüfung, so kann der Steuerpflichtige jederzeit bis zum Ablauf der Festsetzungsfrist einen Änderungsantrag stellen, da der Fall aufgrund des Vorbehalts in vollem Umfang offen ist. Dies ist allerdings kein zwingendes Vorverfahren, weshalb die Kosten nicht erstattungsfähig sind.

Sachverhalt
Die Parteien erklärten in einem finanzgerichtlichen Verfahren die Hauptsache für erledigt. Dem beklagten Finanzamt wurden die Kosten auferlegt, allerdings wurden die Kosten des außergerichtlichen Verfahrens nicht für erstattungsfähig erklärt. Dem widersprach der Prozessbevollmächtigte des Klägers. Er hatte vor Klageerhebung einen Antrag auf Aufhebung des Vorläufigkeitsvermerks gestellt. Dies sei die gebotene kostengünstigste Möglichkeit gewesen, die Bescheide innerhalb der verbleibenden Klagefrist zu überprüfen. Als Kosten des Vorverfahrens seien auch diese Kosten zu erstatten, da sie der Vermeidung eines Rechtsstreits dienten. Das Finanzgericht wies die Erinnerung zurück.

Entscheidung
Nur die Kosten für das dem gerichtlichen Verfahren vorausgegangene Vorverfahren sind im finanzgerichtlichen Verfahren erstattungsfähig. Im Streitfall war dies das Einspruchsverfahren. Weil der Prozessbevollmächtigte nicht im Einspruchsverfahren tätig wurde, konnte seine Zuziehung auch nicht für notwendig erklärt werden. Von diesem Grundsatz kann im Rahmen der Kostenfestsetzung aus Billigkeitsgründen nicht abgewichen werden.

Konsequenz
Insbesondere im Hinblick auf Massenverfahren werden Steuerbescheide in einem bestimmten Punkt unter dem Vorbehalt der Nachprüfung erlassen. Ein Einspruch wird mangels Rechtsschutzbedürfnis zurückgewiesen. Wird der Steuerpflichtige auf ein anderweitiges Verfahren verwiesen, erscheint es nicht zwingend sachgerecht, die Kostenerstattung hierfür zu versagen.

9. Geldwäschebekämpfung: EU-Parlament verabschiedet neuen Gesetzentwurf

Kernaussage
Die Endeigentümer von Unternehmen und Trusts sollen in öffentlichen EU-Registern erkennbar gemacht werden. So steht es in den am 11.3.2014 vom EU-Parlament verabschiedeten Rechtsvorschriften zur Geldwäschebekämpfung. Zusätzlich verlangen die vorgeschlagenen Regeln von Banken, Rechnungsprüfern, Rechtsanwälten, Immobilienmaklern und Spielcasino-Betreibern mehr Wachsamkeit bei verdächtigen Geldtransfers ihrer Kunden. Ziel ist, fragwürdige Geschäfte und Steuerhinterziehung zu erschweren.

Neuerung
Das Parlament hat über den Gesetzentwurf in erster Lesung abgestimmt, um den bisher erreichten Kompromiss für das nächste Parlament festzuhalten. Der Entwurf sieht vor, dass die wirtschaftlich Berechtigten von Firmen und anderen Rechtsformen, wie zum Beispiel Trusts, Stiftungen oder Holdings, in öffentlichen Zentralregistern erkennbar gemacht werden. Die Register wären miteinander verbunden und "öffentlich zugänglich, wenn sich die Person, die Zugang zu den Informationen beantragt, vorher über eine einfache Onlineregistrierung ausgewiesen hat". Es wurden im Entwurf ergänzende Regelungen zum Datenschutz aufgenommen. Diese Regelungen bezwecken, dass nur solche Angaben im Register enthalten sein müssen, die für die eindeutige Ermittlung des wirtschaftlich Berechtigten erforderlich sind. Nach den vorgeschlagenen Regeln müssten Banken und Finanzinstitutionen, aber auch Rechnungsprüfer, Rechtsanwälte, Buchhalter, Steuerberater und Immobilienmakler verdächtige Geldtransfers ihrer Kunden wachsamer beobachten. Spielcasinos wären ebenfalls betroffen, aber Glücksspieldienste mit geringerem Risiko könnten durch die Mitgliedstaaten von den Vorschriften ausgenommen werden. Der vorliegende Richtlinienvorschlag enthält einen risikogestützten Ansatz, durch den die Mitgliedstaaten die für sie bestehenden Risiken von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung besser ermitteln, verstehen und mindern können.

Konsequenz
Durch die Europawahlen und der Neukonstituierung des EU-Parlaments muss abgewartet werden, inwieweit tatsächlich neue gesetzliche Regelungen zur Geldwäschebekämpfung kommen. Der jetzige Entwurf des Parlaments weist jedoch in die richtige Richtung für eine wirksame Geldwäschebekämpfung.

10. Teilnahme an einer Fernsehshow: Preisgeld ist steuerpflichtig!

Kernproblem
Wer bei einer Quizsendung wie "Wer wird Millionär" den Jackpot gewinnt, kann sich glücklich schätzen, denn der Gewinn geht ohne das Handaufhalten des Fiskus auf das eigene Bankkonto über. Gleiches gilt bei Lotto, Toto und Roulette, also bei reinen Glücksspielen. Dagegen kann schon beim Pokern der Spaß vorbei sein. Das gilt zumindest seit dem vorletzten Jahr, denn da hat das Finanzgericht (FG) Köln einem hauptberuflichen Flugpiloten, der sich in der Szene zum bekannten Pokerspieler gemausert hatte, gewerbliche Einkünfte unterstellt, die er seiner "Geschicklichkeit" zu verdanken habe - und nicht dem Glück. Hier hat der Bundesfinanzhof (BFH) das letzte Wort. Bereits entschieden ist die Steuerpflicht von Gewinnen bei Fernsehsendungen wie "Big Brother" oder "Mein großer, dicker, peinlicher Verlobter". Hier waren die Gewinne (im letztgenannten Fall von 250.000 EUR) als sonstige Einkünfte zu versteuern, weil der BFH eine "Leistung" des Kandidaten gegenüber dem Produzenten oder Fernsehsender vermutet hat, für die das Preisgeld ein Entgelt ist. Das FG Münster kommt jetzt beim Gewinner der Fernsehshow "Die Farm" zum gleichen Ergebnis.

Sachverhalt
Nach Medienberichten vereinnahmte der Sieger der RTL Reality-Show einen Betrag von 50.000 EUR. Zudem gab es "Anwesenheitspauschalen" für den Gewinner und die 11 Mitstreiter, die bis zu 7 Wochen ohne Wasser und Strom auf einem abgelegenen und verlassenen Bauernhof in Norwegen lebten. Dabei mussten sie sich ihre Nahrung durch Ackerbau und Viehhaltung selbst erwirtschaften. In Ausscheidungsspielen wie Axtwerfen, Melken oder Tauziehen wurde ermittelt, wer den Bauernhof verlassen musste. Dem Gewinner des letzten Spiels wurde vertraglich ein Projektgewinn zugesagt. Das Finanzamt des "Farmers des Jahres" behandelte Siegprämie und Pauschale als sonstige Einkünfte. Der bis dahin glückliche Gewinner sah dagegen die Einnahmen als stark zufallsabhängig und wie Glücksspiele nicht steuerbar an; so hätten z. B. die Kandidaten beim Wettmelken nicht beeinflussen können, ob die Kuh den Eimer umstößt. Ob das die Richter überzeugte?

Entscheidung
Das FG setzte noch einen drauf, denn neben Siegprämie und Pauschale waren auch Sachbezüge für Unterkunft und Verpflegung zu versteuern. Dafür durften die für Norwegen geltenden Verpflegungsmehraufwendungen angerechnet werden. Die Begründung gleicht dem "Big Brother" Urteil des BFH: Die Einnahmen wurden als Gegenleistung für die Teilnahme an der Show, die ständige Anwesenheit sowie der Überlassung der Verwertungsrechte am Bild- und Tonmaterial gewährt. Dagegen war die Zufallskomponente zu vernachlässigen und der Gewinn eigener Kraft, Geschicklichkeit und Wissen zu verdanken.

Konsequenz
Wer an solchen Fernsehformaten teilnimmt, muss die Steuerpflicht der Gewinne einplanen. Das Thema ist höchstrichterlich geklärt, weshalb auch keine Revision vor dem BFH zugelassen wurde.

11. Photovoltaikanlage auf Hausdach: Kein Teilabzug privater Gebäudekosten

Kernproblem
Wer eine Photovoltaikanlage mit Gewinnabsicht betreibt und Einnahmen aus der Einspeisung des Stromes in das Netz generiert, erzielt Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Was den ertragsteuerlichen Umgang mit gemischten Aufwendungen angeht, die mit dem Betrieb der Anlage unweigerlich verbunden sind, ist bisher höchstrichterlich weitestgehend noch ungeklärt. Das Finanzgericht (FG) München hat entschieden, dass die vor der Installation der Photovoltaikanlage angefallenen Aufwendungen im Zusammenhang mit der Sanierung des Daches des im Übrigen privat genutzten Gebäudes teilweise betrieblich veranlasster Erhaltungsaufwand sind. Rechtssicherheit ist allerdings nicht eingetreten, denn der Bundesfinanzhof (BFH) muss das Urteil in der Revision prüfen. Das hat er jetzt bereits in einem anderen Fall getan.

Sachverhalt
Ein Landwirt hatte auf dem Dach zweier Hallen jeweils eine Photovoltaikanlage installiert und den erzeugten Strom in das öffentliche Netz eingespeist. Die Hallen überließ er zu einem geringen Mietzins der Ehefrau, die darin eine Pferdepension betrieb und eine Mutterkuhherde hielt. Nachdem das Finanzamt die Vermietung der beiden Hallen wegen Liebhaberei nicht anerkennen wollte, beantragte der Landwirt die Minderung der gewerblich deklarierten Einspeisevergütungen um die durch den Betrieb der Photovoltaikanlage veranlassten (anteiligen) Hallenkosten. Den Abzug als Aufwandseinlage lehnten Finanzamt und Finanzgericht Köln jedoch ab.

Entscheidung
Der BFH verwehrte den Abzug der anteiligen Kosten als Betriebsausgabe mit der Begründung, dass sich die Aufwendungen nicht nachvollziehbar zwischen der privaten Hallennutzung und der gewerblichen Hallen(dach)nutzung aufteilen ließen. Die Richter bewerten die Photovoltaikanlage und die Hallen als jeweils eigenständige Wirtschaftsgüter, die nicht (auch nicht teilweise) zum Betriebsvermögen des Betriebs "Stromerzeugung" gehören. Das Dach diene gleichzeitig als Fundament der Anlage und Schutz der Innenräume vor Witterungseinflüssen. Diese Funktionen seien untrennbar miteinander verbunden und der jeweilige Funktionsteil nicht quantifizierbar. Auch die umsatzsteuerlich zur Aufteilung von Vorsteuern zugelassene Aufteilung nach dem Verhältnis der tatsächlich oder abstrakt erzielbaren Mieten für die Halle und der Dachfläche käme ertragsteuerlich nicht in Betracht.

Konsequenz
Für die privaten Betreiber einer Solaranlage hat das Urteil die positive Konsequenz, dass das private Wohnhaus nicht anteilig zum notwendigen Betriebsvermögen wird. Wer dennoch auf den Abzug der Kosten aus ist, kann Verfahren mit Hinweis auf die Revision zum Urteil des FG München offenhalten.

12. Kinderbetreuungskosten: Zur Abzugsmöglichkeit

Kernproblem
Kinderbetreuungskosten werden steuerlich grundsätzlich bis zum 14. Lebensjahr des Kindes mit bis zu 2/3 der Aufwendungen, höchstens jedoch 4.000 EUR je Kind, gefördert. Ab dem Jahr 2012 ist die Unterscheidung zwischen erwerbsbedingten und privaten Betreuungskosten entfallen und ein Abzug nur noch als Sonderausgaben möglich. Aufwendungen für Unterricht, die Vermittlung besonderer Fähigkeiten sowie für sportliche und andere Freizeitbetätigungen werden nicht gefördert. Vor dem Jahr 2012 galt im Fall zusammenlebender Ehegatten, dass beide Elternteile einer Erwerbstätigkeit nachgehen mussten. War das nicht der Fall, blieb nur eine Förderung für Kinder im Alter zwischen 3 und 6 Jahren. An den Abzugsbeschränkungen gibt es Kritik, insbesondere beim Vorliegen einer überdurchschnittlichen Kinderzahl in der Familie.

Sachverhalt
Die Eltern beantragten den Abzug von Kinderbetreuungskosten ihrer 3 Kleinkinder (1, 2 und 3 Jahre), die sich aus Beiträgen für Kindergarten und Krabbelgruppe sowie ein beschäftigtes Au-Pair-Mädchen zusammensetzten. Der Vater war selbständig, die Mutter ausgebildete Ärztin, jedoch nicht erwerbstätig. Deswegen wurde der Abzug der Au-Pair-Kosten im Streitjahr 2008 anteilig für die unter 3-jährigen gekürzt. Die Eltern zogen mit dem Antrag des uneingeschränkten Abzugs über die durch Gesetz zugelassene Möglichkeit vor Gericht.

Entscheidung
Die Eltern scheiterten mit ihrem Antrag beim Bundesfinanzhof (BFH), nachdem dieser die Abzugsbeschränkungen als verfassungsgemäß eingeschätzt hatte. In ihrer Begründung wiesen die Richter daraufhin, dass der BFH zwar in einem anderen Verfahren angedeutet habe, dass der Gesetzgeber bei Ausgestaltung der Abzugstatbestände möglicherweise weitere Zwangsläufigkeitsgründe hätte einbeziehen müssen. Das könne insbesondere dann gelten, wenn bei Erwerbstätigkeit des einen Elternteils eine größere Zahl minderjähriger Kinder zu betreuen sei und dies den Bedarf an Fremdbetreuung erfordere. Das sah der BFH aber im Streitfall bei 3 Kindern im Alter von bis zu 3 Jahren als nicht gegeben an, zumal für das älteste der 3 Kinder ein Abzug der Kinderbetreuungskosten verblieb. Zudem verwies der Senat auf andere ausgleichende sozialrechtliche Maßnahmen des Gesetzgebers außerhalb des Steuerrechts (z. B. Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz).

Konsequenz
Im vergleichbaren Fall einer Mutter, die wegen Schwangerschaft und Stillzeit keine Erwerbstätigkeit ausübte, ist bereits eine Verfassungsbeschwerde anhängig. Auch die aktuelle Beurteilung des Gerichts, nach der eine besondere Betreuungssituation bei 3 Kindern nicht vorliege, steht in der Kritik. Daher ist zu empfehlen, Verfahren vor 2012 offen zu halten.

13. Zur Berücksichtigung von Abschreibungen beim Nichteigentümer

Kernproblem
Wenn ein Selbständiger seine berufliche Tätigkeit in der eigenen Immobilie ausübt, werden die betrieblich genutzten Räume zu notwendigem Betriebsvermögen. Im Fall einer Betriebsaufgabe oder Veräußerung der Immobilie sind die darin enthaltenen stillen Reserven zu versteuern. Um diese steuerlichen Folgen zu vermeiden, wird in der Praxis eine Immobilie häufig durch den Ehegatten des Betriebsinhabers erworben, der diese dann an ihn weitervermietet. Wird das Mietverhältnis steuerlich anerkannt, erzielt der vermietende Ehegatte Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung und kann theoretisch nach Ablauf von 10 Jahren steuerfrei über seine Immobilie verfügen. Wird das Mietverhältnis vom Finanzamt nach einem Fremdvergleich nicht anerkannt, besteht die Gefahr, dass die Kosten als sogenannter Drittaufwand ins Leere laufen.

Sachverhalt
In dem typischen Ausgangsfall hatte die Ehefrau eine Immobilie an ihren Ehemann vermietet, der hierin eine Praxis für Naturheilkunde betrieb. Zins- und Tilgungsleistungen des von der Ehefrau aufgenommen Darlehens wurden von einem gemeinsamen Konto der Ehegatten geleistet, das überwiegend von den Einnahmen aus der selbständigen Tätigkeit finanziert wurde. Das Mietverhältnis wurde steuerlich nicht anerkannt, weil u. a. Nebenkosten nicht abgerechnet wurden und eine vorgesehene Anpassung der vereinbarten Staffelmiete unterblieb. Das Finanzamt verweigerte auch den Abzug von Abschreibungen und Finanzierungskosten beim Ehemann, weil die Ehegatten den Aufwand gemeinsam getragen hätten und dann die Zurechnung der Aufwendungen der Entscheidung der Ehegatten folge, getrennt Eigentum zu erwerben. Hiergegen wurde die Klage beim Finanzgericht (FG) Düsseldorf anhängig.

Entscheidung
Das FG ließ den Abzug der Aufwendungen beim Ehemann zu und berief sich dabei auf die Grundsatzentscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) aus dem Jahr 1999. Die Berechtigung zur Vornahme von Abschreibungen setze nicht das Eigentum am Wirtschaftsgut voraus, für das die Aufwendungen getätigt wurden. Ausschlaggebend sei vielmehr, ob der Steuerpflichtige die Aufwendungen selbst im betrieblichen Interesse trage, denn das Nettoprinzip gebiete den Abzug auch dann, wenn und soweit die Aufwendungen auf in fremdem Eigentum stehende Wirtschaftsgüter erbracht werden. Hieran hatte der Senat unabhängig von der schuldrechtlichen Zuordnung keinen Zweifel, weil die Mittel aus den Einnahmen des Ehemanns stammten.

Konsequenz
Der Aufwand aus der Anschaffung wird bilanztechnisch wie ein materielles Wirtschaftsgut behandelt und nach den für Gebäude geltenden Regeln abgeschrieben. Die Finanzverwaltung hat jedoch die Revision beim BFH eingelegt.

14. Zur Geltendmachung von Fremdwährungsverlusten

Kernaussage
Um Verluste aus der Veräußerung von Fremdwährung geltend zu machen, kommt es auf die Anschaffungskosten und dem Veräußerungspreis im Zeitpunkt des Entstehens an. Ein Saldieren des in ausländischer Währung errechneten Währungsgewinns/-verlusts zum Veräußerungszeitpunkt ist nicht gestattet.

Sachverhalt
Im Januar 1998 erwarb die Klägerin für 1,088 Mrd. DM 600 Mio. US-$. Am gleichen Tag kaufte sie 4,85 Mio. Anteile an einem Fonds in US-$. Im Dezember 1998 wurden 2,94 Mio. Anteile des Fonds verkauft und ein Nettoerlös von 380 Mio. US-$ erzielt. 310 Mio. US-$ wurden davon in das US-Geschäft der Klägerin eingelegt und 70 Mio. US-$ im Januar 1999 in 117,6 Mio. DM eingetauscht. Die Klägerin erklärte nun einen Verlust aus privaten Veräußerungsgeschäften von 9,4 Mio. DM. Der Verlust ergibt sich aus den im Januar 1998 angeschafften 70 Mio. US-$ für 127 Mio. DM und dem Rücktausch im Januar 1999 zu 117,6 Mio. DM. Das Finanzamt (FA) erkannte jedoch nur einen Verlust von 91.326 DM an, da auf Dezember 1998 und nicht Januar 1998 abzustellen sei. Das Finanzgericht (FG) wies die Klage ab.

Entscheidung
Die Revision vor dem Bundesfinanzhof (BFH) blieb ebenfalls erfolglos. Nach Ansicht des BFH berechnete das FG den Wechselkursverlust zutreffend unter Zugrundelegung der Werte aus Dezember 1998. Private Veräußerungsgeschäfte unterliegen, auch bei der Erzielung von Verlusten, als sonstige Einkünfte der Einkommensteuer. Die Fremdwährung wurde angeschafft, indem sie gegen die nationale Währung getauscht wurde. Ihr Verkauf erfolgte, indem sie gegen die nationale Währung zurückgetauscht oder in eine andere Währung getauscht wurde. Fremdwährungsguthaben und Fondsanteile stellen jeweils eigenständige Wirtschaftsgüter dar. Mit dem Kauf der 4,85 Mio. Anteile für 600 Mio. US-$ wurde der Kauf- und Verkaufsvorgang abgeschlossen. Im Dezember 1998 erwarb die Klägerin 380 Mio. US-$ durch den Verkauf von Fondanteilen und tauschte einen Teil davon im Januar in DM um. Für die Berechnung der Wechselkursverluste sind die Anschaffungskosten und der Veräußerungspreis im Zeitpunkt ihres Entstehens, hier Dezember 1998 und Januar 1999, maßgeblich.

Konsequenz
Die Entscheidung überrascht nicht. Die Bewertungsmodalität entspricht der in vergleichbaren Fällen ergangenen Rechtsprechung. Nach den fraglichen Normen, §§ 17 und 23 EStG, ist die Wertdifferenz eines Wirtschaftsguts zwischen Anschaffung und Veräußerung maßgeblich. Daher ist zeitlich zwingend auf das konkrete Anschaffungs- und Veräußerungsgeschäft abzustellen.

15. Untervertretung: Anforderungen an sittenwidrige Kollision

Kernaussage
Handelt ein Vertreter zusammen mit dem Vertragsgegner zum Nachteil des Vertretenen, verstößt das Geschäft gegen die guten Sitten und ist nichtig. Gleiches gilt, wenn der Vertreter einen arglosen Untervertreter einschaltet oder er aufgrund seiner Vertretungsmacht einen weiteren, arglosen (Mit-)Vertreter zu dem Geschäft veranlasst und so das Insichgeschäft verschleiert.

Sachverhalt
An der Beklagten zu 1, einer GmbH, waren ursprünglich beteiligt die Klägerin, deren mittlerweile geschiedener Ehemann, als Beklagter zu 3, und eine schweizerische Aktiengesellschaft (AG), die jedenfalls ein von der GmbH abhängiges Unternehmen ist. Im Zusammenhang mit der Trennung der Eheleute übertrug der Beklagte zu 3 seine Anteile an der GmbH auf die AG. Nach Abberufung des Beklagten zu 3 als Geschäftsführer informierte die Klägerin diesen und die AG hierüber und forderte auf, keine weiteren Rechtsgeschäfte mehr vorzunehmen, insbesondere Anteilsübertragungen zu unterlassen. Kurz darauf übertrug die AG ihre Anteile an der GmbH auf die Schwester (Beklagte zu 2) des Beklagten zu 3. Sowohl die Beklagte zu 2 als auch die AG wurden von einer Rechtsanwältin vertreten, die in derselben Kanzlei wie der Beklagte zu 3 tätig war. Auf Seiten der AG handelte diese aufgrund einer Untervollmacht des Beklagten zu 3. Die Klägerin beantragt festzustellen, dass die Beklagte zu 2 nicht Gesellschafterin der GmbH geworden ist. Das Landgericht gab der Klage statt, das Berufungsgericht wies die Klage ab. Der Bundesgerichtshof (BGH) gab im Grunde der Klägerin Recht.

Entscheidung
Unter Annahme des Vortrags der Klägerin, der Beklagte zu 3 habe seine Schwester als Erwerberin nur vorgeschoben und auf Seiten der AG den Anteilskaufvertrag entworfen sowie die Rechtsanwältin veranlasst, von der durch die AG erteilten Vollmacht Gebrauch zu machen, ist der Anteilskauf- und -übertragungsvertrag wegen Sittenwidrigkeit nichtig. Es liegt ein Fall der sittenwidrigen Kollusion selbst dann vor, wenn der Vertreter nicht selbst handelt, sondern einen arglosen Untervertreter einschaltet oder aufgrund seiner Vertretungsmacht einen weiteren arglosen (Mit-) Vertreter zu dem Geschäft veranlasst und so das Insichgeschäft verschleiert.

Konsequenz
Die Anforderungen an die Sittenwidrigkeit eines Rechtsgeschäfts sind sehr hoch. Drängt sich aber der begründete Verdacht eines Treueverstoßes wie im vorliegenden Fall auf, können Umgehungstatbestände die Sittenwidrigkeit richtigerweise nicht hindern.

16. FACTA-Abkommen: BMF legt Verordnung zur Umsetzung vor

Kernaussage
Finanzinstitute müssen Informationen über Kunden mit US-amerikanischen Steuerbezug offen legen. Das Bundesfinanzministerium (BMF) hat einen Referentenentwurf zur Umsetzung der Verpflichtungen aus dem Abkommen zwischen Deutschland und den USA zur Förderung der Steuerehrlichkeit bei internationalen Sachverhalten und hinsichtlich der als Gesetz über die Steuerehrlichkeit bezüglich Auslandskonten bekannten US-amerikanischen Informations- und Meldebestimmungen (FACTA-USA-Umsetzungsverordnung) vorgelegt.

Verfahren
Die USA haben am 18.3.2010 das FACTA-Gesetz ("Foreign Account Tax Compliance Act") erlassen, das Mitte 2014 angewendet werden soll. Seither ist eine stufenweise Einführung von FACTA erfolgt. So haben beide Staaten am 31.5.2013 ein völkerrechtliches Abkommen unterzeichnet, zu dem es am 16.10.2013 ein Zustimmungsgesetz gab und das am 11.12.2013 in Kraft getreten ist. Das Abkommen beinhaltet Verpflichtungen von Deutschland in Bezug auf die Beschaffung und den Austausch von in dem Abkommen näher bestimmten Informationen. Jedoch standen der verankerten Verpflichtung der Datenweitergabe insbesondere nationale datenschutzrechtliche Bedenken entgegen, weshalb durch das AIFM-Steueranpassungs-Gesetz innerhalb der Abgabenordnung eine Ermächtigungsgrundlage geschaffen wurde, auf deren Grundlage das Bundesministerium der Finanzen mit Zustimmung des Bundesrates Rechtsverordnungen zur Erfüllung der Verpflichtungen aus derartigen Abkommen erlassen kann. Diese Verordnungsermächtigung wird mit dem vorgelegten Entwurf ausgefüllt.

Hintergrund
Mit dem FACTA-Gesetz soll sichergestellt werden, dass US-Bürger Einkünfte, die sie unter Einschaltung ausländischer Banken und anderer Finanzintermediäre (z. B. Investmentgesellschaften, Fonds, Versicherungen, u. a.) erzielen, in den USA ordnungsgemäß erklären und versteuern. Das Gesetz sieht vor, dass von Zahlungen aus Quellen in den USA an ausländische Finanzinstitutionen (aus Sicht der USA) eine Quellensteuer von 30 % einbehalten wird, sofern die betreffende Finanzinstitution keine Informationen über ihre US-Kunden an die US-Steuerbehörde übermittelt.

Konsequenz
Für die Finanzinstitute bedeutet FACTA ein erheblicher Mehraufwand, denn tatsächlich dürften nicht nur amerikanische oder halb-amerikanische, sondern quasi alle Anleger betroffen sein. Denn die gesamten Daten müssen durchgesehen werden, um die Pflichten zu erfüllen.

17. Auslandsspende innerhalb der EU: Zur Abzugsmöglichkeit

Kernproblem
Europarechtlich ist es erforderlich, dass nicht nur Spenden an deutsche gemeinnützige Organisationen, sondern auch an vergleichbare europäische Organisationen steuermindernde Berücksichtigung finden. Voraussetzung hierfür ist, dass der Spendenempfänger die deutschen gemeinnützigkeitsrechtlichen Vorgaben erfüllt.

Sachverhalt
Die steuerpflichtige GmbH begehrte den Spendenabzug an eine im Register für juristische Personen der Stadt Rom eingetragene Vereinigung. Der Satzungszweck besteht insbesondere in der Errichtung eines Kirchengebäudes in Rom sowie in der Unterrichtung und Lehre der russisch-orthodoxen Religion und der Förderung der russischen Kultur. Des Weiteren sieht die Satzung vor, dass die Mitgliederversammlung im Zeitpunkt der Vereinsauflösung über die Verwendung des Vermögens zu beschließen hat. Das Finanzamt berücksichtigte die Spende nicht; das Finanzgericht gab dagegen der Klage statt.

Entscheidung
Der Bundesfinanzhof verneinte den Spendenabzug bereits aus formeller Sicht. Nach seiner Ansicht kann eine Auslandsspende nur dann anerkannt werden, wenn die Satzung des Empfängers den deutschen gemeinnützigkeitsrechtlichen Anforderungen genügt. Im Streitfall ist das Gebot der Vermögensbindung nicht erfüllt, da bei Vereinsauflösung die Mitgliederversammlung über die Mittelverwendung beschließt; eine Mittelfehlverwendung ist insoweit nicht ausgeschlossen. Das Gebot der Vermögensbindung verstößt zudem nicht gegen die EU-rechtlich garantierte Kapitalverkehrsfreiheit.

Konsequenzen
Der Abzug von Spenden an eine ausländische gemeinnützige Körperschaft setzt voraus, dass diese nach deutschem Recht gemeinnützig wäre, wenn sie inländische Einkünfte erzielen würde. Damit sind die Hürden bei der praktischen Umsetzung - Erfüllen der spezifischen deutschen gemeinnützigkeitsrechtlichen Anforderungen - sehr hoch.

18. Neue Steuerbescheide in NRW

Ausgangslage
Für den Erlass der Einkommensteuerbescheide sind die Bundesländer verantwortlich. Ein Steuerbescheid enthält neben den formalen Anforderungen unter anderem die Ermittlung der Besteuerungsgrundlagen und in einem Leistungsgebot die Festsetzung der Einkommensteuerschuld. Mit Erläuterungen zur Steuerschuld, die auch für einen Laien verständlich sind, hält sich der Steuerbescheid weitestgehend zurück. Das Land Nordrhein-Westfalen möchte jetzt in Vorreiterstellung gehen und das ändern. In einer Pressemitteilung hat das Finanzministerium NRW neue Steuerbescheide angekündigt.

Neuerungen für den Steuerpflichtigen
In diesen neuen Steuerbescheiden erfahren die Bürger, welchen Betrag sie an Steuern zahlen und mit wie viel Prozent ihr Bruttoeinkommen belastet wird. Außerdem teilt die Behörde mit, welche Abzüge vom Bruttoeinkommen hierbei von der Finanzverwaltung insgesamt anerkannt werden. Die neuen Bescheide erhalten Steuerpflichtige ab März 2014. Vorgesehen ist außerdem, dass Steuerpflichtige, die ihre Erklärung auf elektronischem Weg und mit Registrierung bei den Finanzämtern einreichen, bereits im kommenden Jahr für die Abgabe eine Fristverlängerung von 2 Monaten erhalten sollen. Für diesen Zeitaufschub muss das erforderliche Authentifizierungsverfahren aber bis zum 31.5.2015 abgeschlossen sein.

Konsequenz
Der Finanzminister bezweckt mit seinem Ansinnen nach eigener Aussage eine "Aufklärung der Bürger" und vermutet, dass das Ergebnis der tatsächlichen Steuerquote viele überraschen werde, denn die tatsächliche Steuerlast sei weit geringer als die gefühlte Belastung. So würden die meisten Beispielrechnungen zu Steuerabzügen den Spitzensatz von 42 % zu Grunde legen und viele Bürger übernehmen diese Höchstbelastung fälschlicherweise für sich. Dabei müssten selbst Top-Verdiener nur selten Steuersätze von mehr als 35 % zahlen. Was der Finanzminister hier jedoch verschweigt, ist der Hinweis auf die Grenzsteuerbelastung, also wie hoch der letzte Euro des eigenen Einkommens belastet wird. Denn die 42 % sind beim Ledigen bereits bei 52.882 EUR erreicht.

19. Zum Wegfall der Einkünfteerzielungsabsicht bei einem sanierungsbedürftigen und teilweise leerstehenden Mehrfamilienhaus

Kernproblem
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat im vergangen Jahr entschieden, dass ein besonders lang andauernder und strukturell bedingter Leerstand einer Wohnimmobilie auch nach vorheriger und auf Dauer angelegter Vermietung zu einem Wegfall der Einkünfteerzielungsabsicht führen kann. Die neue Sichtweise des BFH unterstützt das Ansinnen des Finanzamts, höhere Vermietungsverluste in den Bereich der Liebhaberei zu verlagern. Wenn dann noch eine Untätigkeit des Vermieters oder andere Umstände hinzutreten, ist der Verlust fast nicht mehr zu retten.

Sachverhalt
Der Eigentümer eines im Jahr 1900 errichteten Mehrfamilienhauses hatte die 2 gewerblichen Einheiten des Erdgeschosses für die überwiegende Zeitspanne in den Streitjahren vermietet. Von den in den weiteren Geschossen befindlichen 7 Wohnungen waren 4 seit einigen Jahren leerstehend. Eine Mieteinnahme konnte aber auch für die verbleibenden 3 Wohnungen nicht vereinnahmt werden, nachdem das Amtsgericht im Klageverfahren eines Mieters eine Mietminderung auf 0 EUR wegen der Unbewohnbarkeit durch Schimmel für angemessen hielt. In seinen Steuererklärungen für die Jahre 2006 und 2007 deklarierte der Vermieter neben der vereinnahmten Miete für das Erdgeschoss und Nebenkosten der Wohnungen nur Werbungskosten für das gesamte Objekt, die zu erheblichen Verlusten führten. Das Finanzamt erkannte nur die auf das Erdgeschoss entfallenden Kosten an und konnte einen vorgefundenen Maklerauftrag zum Verkauf bei seiner Argumentation mit einbringen. Zudem sah die Verwaltung in der Untätigkeit des Vermieters die Aufgabe der Vermietungsabsicht. Der Vermieter stützte seine Argumentation auf die Kostenschätzung eines Architekten für Umbau und Renovierung aus dem Jahr 2007 und die lange anhaltende Verhandlung des Maklers mit einem potentiellen Mieter des Gesamtobjekts.

Entscheidung
Die Klage des Vermieters wurde abgewiesen. Zwar seien nach Auffassung des Finanzgerichts (FG) Münster grundsätzlich auch vorweggenommene Werbungskosten für den Zeitraum eines Leerstands abzugsfähig. Hierzu bedürfe es aber ernsthafter und intensiver Vermietungsbemühungen, für die der Vermieter die Feststellungslast trage. Wegen des zum Teil seit über 3 Jahren anhaltenden Leerstands und der fehlenden Grundmiete lag für die Richter die Schlussfolgerung nahe, dass die Wohnungen unbewohnbar waren. Damit habe die Vermietungsabsicht bereits im Jahr 2006 nicht mehr vorgelegen. Die Verhandlungen des Maklers im darauffolgenden Jahr reichten nach Ansicht des FG ebenso wenig aus, wie die Kostenschätzung des Architekten, zumal sich daraus nicht erkennen ließe, für welche Baumaßnahmen sie erstellt wurde.

Konsequenz
Anzeigenschaltungen, Renovierungs- und Sanierungsmaßnahmen zur Beseitigung der Feuchtigkeits- und Schimmelschäden sowie das Vorgehen gegen die Mieter wegen deren eigenen Verschulden wären gegebenenfalls Möglichkeiten gewesen, um das Gericht zu einem anderen Urteil zu bewegen.

20. "Zahnarztfrau": Zur steuerlichen Beurteilung einer selbstständigen Tätigkeit

Kernaussage
Die Frau eines Zahnarztes erzielt Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit und keine (gewerbesteuerpflichtigen) Einkünfte aus Gewerbebetrieb, wenn sie in der Praxis ihres Ehemanns auch die Verwaltung und Organisation übernimmt. Eine abweichende sozial- und arbeitsrechtliche Einordnung hat keinen Einfluss auf die steuerliche Beurteilung.

Sachverhalt
Die gelernte Arzthelferin führte im Jahr 2006 ein Statusfeststellungsverfahren bei ihrer Krankenversicherung durch. Infolgedessen wurde ihre Tätigkeit als nicht abhängiges, sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis eingestuft. Folglich wurden die zu Unrecht erhobenen Sozialbeiträge rückwirkend erstattet. Das Finanzamt übernahm diese sozialversicherungsrechtliche Einordnung des Dienstverhältnisses in der Folge für die Streitjahre 2007 und 2008 im Rahmen einer Betriebsprüfung und wertete die Einkünfte der Ehefrau als gewerbesteuerpflichtige Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Gegen die Einspruchsentscheidung des Finanzamts wurde Klage vor dem Finanzgericht (FG) Rheinland-Pfalz eingelegt.

Entscheidung
Die Richter folgten der Argumentation der Klägerin. Das FG entschied, dass die Ehefrau als Arbeitnehmerin anzusehen sei und somit Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit erziele. Das Steuerrecht betrachte den Arbeitnehmerbegriff eigenständig, so dass eine sozial- und arbeitsrechtliche Einordnung keine steuerliche Bindungswirkung habe. Für ein Arbeitnehmerverhältnis sprach im Urteilsfall die persönliche Abhängigkeit, feste Arbeitszeiten und Bezüge, Urlaubsanspruch sowie die Weisungsgebundenheit. Die Hauptpflichten waren zudem in einem Arbeitsvertrag schriftlich festgelegt. Weitestgehend flexible Arbeitszeiten stehen Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit zudem grundsätzlich nicht entgegen. Das Urteil ist rechtskräftig.

Konsequenz
Sozialversicherungsrechtliche Einordnungen von Arbeitsverhältnissen entfalten lediglich eine indizielle Wirkung auf das Steuerrecht. Eine Bindungswirkung ist indes zu verneinen. Da im entschiedenen Fall aufgrund der arbeitnehmertypischen Ausgestaltung des Dienstverhältnisses (insbesondere Weisungsgebundenheit, geregelte Arbeitszeiten und Urlaubsanspruch) Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit angenommen wurden, steht das Urteil im Einklang mit der ständigen Rechtsprechung.

21. Zur Berücksichtigung von Zivilprozesskosten als außergewöhnliche Belastung

Kernproblem
Im Jahr 2011 hat der Bundesfinanzhof (BFH) entgegen seiner bis dahin geltenden Rechtsprechung entschieden, dass Zivilprozesskosten als außergewöhnliche Belastungen (agB) zu berücksichtigen sind, wenn der Steuerpflichtige darlegen kann, dass die Rechtsverfolgung oder -verteidigung eine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Die Finanzverwaltung hat danach eingeräumt, für eine eindeutige, zuverlässige und rechtssichere Einschätzung der Erfolgsaussichten eines Zivilprozesses beziehungsweise der Motive der Verfahrensbeteiligten keine Instrumente zur Verfügung stellen zu können. Folglich hat sie das Urteil des BFH mit einem Nichtanwendungserlass belegt und bis heute nichts an ihrer Haltung verändert, so dass weiterhin Verfahren bei den Finanzgerichten (FG) anhängig werden - jetzt beim FG Düsseldorf.

Sachverhalt
Eheleute hatten nach Erwerb ihres selbstgenutzten Einfamilienhauses ein selbständiges Beweisverfahren beim Amtsgericht angestrengt. Der gerichtlich bestellte Sachverständige stellte eine nicht fachgerechte Abdichtung zur Nachbarwand durch den Bauträger fest. Die Schadensersatzklage gegen den Bauträger blieb jedoch ohne Erfolg, da das Landgericht dem Ergebnis eines weiteren Gutachtens folgte, das konstruktive Mängel des Gebäudes verneinte. Die Eheleute machten Rechtsanwalts- und Gerichtskosten von über 15.000 EUR als außergewöhnliche Belastung geltend, deren Abzug das Finanzamt mangels existenziell notwendiger Aufwendungen mit Verweis auf den Nichtanwendungserlass ablehnte.

Entscheidung
In diesem Fall schlug sich das FG auf die Seite der Steuerpflichtigen, ließ aber die Revision wegen der Anhängigkeit zahlreicher ähnlicher Verfahren zu. Die Richter folgten den Argumenten des BFH und kamen zu dem Ergebnis, dass die Zivilklage bereits deshalb hinreichende Aussicht auf Erfolg geboten habe, weil ein unabhängiger Gutachter im selbständigen Beweisverfahren zu dem Ergebnis gelangt sei, dass das Gebäude vom Bauträger verursachte Mängel aufweise. Die Eheleute hätten nicht voraussehen können, dass die Klage aufgrund des abweichenden Gutachtens letztlich keinen Erfolg habe. Zudem sei die Finanzverwaltung durchaus in der Lage, die Erfolgsaussichten eines Zivilprozesses summarisch zu prüfen. Dafür brauche der Erfolg nur ebenso wahrscheinlich wie der Misserfolg zu sein. Zur Prüfung könne sie sich ihrer juristisch ausgebildeten Mitarbeiter oder externer Sachverständiger bedienen.

Konsequenz
Die Revision beim BFH ist bereits eingelegt worden. Zurzeit kann nur empfohlen werden, jegliche Zivilprozesskosten in der Steuererklärung geltend zu machen und das Verfahren offenzuhalten. Wie das FG bestätigt hat, mindert die zumutbare Eigenbelastung den Abzug.

22. Rückverkauf von Genussrechten: Überschuss kann Arbeitslohn sein

Kernproblem
Genussrechte sind schuldrechtliche Kapitalüberlassungsrechte ohne Mitgliedschaftsrechte an einer Gesellschaft, die einkommensteuerrechtlich je nach der Intensität der Ausstattung mit Vermögensrechten zwischen qualifizierten und einfachen Genussrechten unterschieden werden. Qualifizierte Genussrechte sind steuerlich Anteilen an einer Kapitalgesellschaft gleichzustellen, wenn diese mit einem Recht am Gewinn als auch am Liquidationserlös verbunden sind. Dagegen war die Veräußerung von einfachen Genussrechten vor Einführung der Abgeltungssteuer nach Ablauf der Spekulationsfrist steuerfrei, wie der Bundesfinanzhof (BFH) im Jahr 2012 entschieden hat. Werden jedoch einem Arbeitnehmer Genussrechte eingeräumt, kann bei Veräußerung steuerpflichtiger Arbeitslohn vorliegen. Wann das der Fall ist, hat der BFH jetzt entschieden.

Sachverhalt
Dem Geschäftsführer einer GmbH wurde im Jahr 2000 ein Genussrecht mit Nennwert gleich Ausgabepreis von 20.000 DM eingeräumt. Das Recht gewährte keine Gesellschafterrechte und konnte grundsätzlich nur an die GmbH veräußert oder übertragen werden. Gut 2 Jahre später wurde das Ende des Genussrechtsverhältnisses auf den 31.12.2003 und ein Rückkaufswert von 1,6 Mio. EUR vereinbart, der mit dem Ausscheiden des Geschäftsführers, spätestens am 14.1.2004, fällig werden sollte. Der geänderte Vertrag sah im Fall der Kündigung des Anstellungsverhältnisses wegen schuldhaften Verhaltens des Geschäftsführers die vorzeitige Beendigung und Rückzahlung des eingesetzten Kapitals unter Wegfall sämtlicher Zahlungsansprüche vor. Die Zahlung erfolgte im Januar 2004, der Geschäftsführer schied im Juni aus. Das Finanzamt sah zunächst 1,6 Mio. EUR als Arbeitslohn an, zog sodann jedoch den selbst ermittelten Wert des Genussrechts von über 1,1 Mio. EUR ab. Den verbleibenden Betrag von 0,5 Mio. EUR wollte der ausgeschiedene Geschäftsführer im Klageverfahren als steuerfreien Vermögenszuwachs durchfechten, was das Finanzgericht ablehnte.

Entscheidung
Der BFH beließ es bei dem Ergebnis des Finanzamts. Nach dessen Auffassung war der erzielte Überschuss durch das Dienstverhältnis bei der GmbH veranlasst, weil sich der Wert des Genussrechts nach der Übertragung nicht selbständig und losgelöst vom Arbeitsverhältnis entwickeln konnte. Eine Verwertung war nur durch Veräußerung an die Arbeitgeberin möglich und die Höhe des Rückkaufswerts hing vom Ende des Anstellungsverhältnisses ab. Der Vorteil des Rückkaufs war nicht durch eine vom Arbeitsverhältnis unabhängige und eigenständige Sonderrechtsbeziehung veranlasst, sondern die Höhe war vom Verhalten als Arbeitnehmer der GmbH abhängig und somit Belohnung für die Leistung als Arbeitnehmer.

Konsequenz
Der geldwerte Vorteil ist als sonstiger Bezug nicht beim Versprechen der GmbH, sondern bei Auszahlung im Jahr 2004 zugeflossen.

23. Steuer-CDs: Zur Verwertbarkeit im Strafverfahren

Kernaussage
Da sich die Vorschriften zur Beweisverwertung ausschließlich an die staatlichen Strafverfolgungsorgane richten, ist die rechtswidrige oder strafbare Erlangung eines Beweismittels (Steuer-CD) durch einen Privaten, grundsätzlich verwertbar. Die Gerichte müssen allerdings das Ausmaß und den Grad der staatlichen Beteiligung an der Erlangung der Daten überprüfen.

Sachverhalt
Das Land Rheinland-Pfalz hat im Jahr 2012 von einer Privatperson eine Steuerdaten-CD angekauft, die zahlreiche Datensätze von Kunden einer Schweizer Bank enthielt, so auch von dem Beschwerdeführer. Dieser wendet sich gegen die Verwertung der angekauften Steuerdaten-CD im strafrechtlichen Ermittlungsverfahren. Gestützt auf die CD erließ das Amtsgericht Koblenz gegen den Beschwerdeführer einen Durchsuchungsbeschluss wegen des Verdachts der Steuerhinterziehung und ordnete die Beschlagnahme verschiedener Unterlagen an. Die gegen diese Beschlüsse erhobenen Beschwerden blieben erfolglos. Gegen diese gerichtlichen Entscheidungen erhob der Beschwerdeführer sodann Verfassungsbeschwerde und machte geltend, die Verwertung der CD verletze ihn in seinem Recht auf ein faires Verfahren, in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht sowie seinem Grundrecht auf Unverletzlichkeit der Wohnung.

Entscheidung
Die Verfassungsbeschwerde hat keinen Erfolg. Selbst eine rechtswidrige Beweiserhebung führt nicht ohne weiteres zu einem Beweisverwertungsverbot. Allerdings gibt es auch im Strafverfahren keine Wahrheitsermittlung um jeden Preis. Die verfassungsrechtliche Grenze ist zumindest dann überschritten, wenn staatliche Stellen die Beweiserhebung allein an den engen Voraussetzungen eines Beweisverwertungsverbots ausrichten. Bestehen Anhaltspunkte dafür, dass Informationen in rechtswidriger oder strafbarer Weise gewonnen worden sind, so ist erforderlich, dass der Sachverhalt der Informationserhebung hinreichend aufgeklärt wird. Die Gerichte haben die Strafbarkeit deutscher Beamter zu prüfen. Die strafbare Erlangung eines Beweismittels durch eine Privatperson führt nur in Ausnahmefällen zur Unverwertbarkeit des Beweismittels im Strafverfahren, denn das Handeln des Privaten ist nicht der staatlichen Sphäre zuzurechnen.

Konsequenz
Die Entscheidung zeigt auch die Grenzen für die Ermittler auf. Vorliegend war der Informant nicht als verlängerter Arm der Ermittlungsbehörden anzusehen, denn es gab keine behördliche Anstiftung. In der Zukunft könnte aber eine solche Situation entstehen, bei der dann unter Umständen das Handeln des Privaten der staatlichen Sphäre zuzurechnen wäre.

24. Zum heimischen Telearbeitsplatz eines Steuerberaters (Einkommensteuer)

Kernaussage
Kosten für ein häusliches Arbeitszimmer unterliegen lediglich dann nicht der Abzugsbeschränkung, wenn die Einrichtung des Telearbeitsplatzes im betrieblichen Eigeninteresse des Arbeitgebers liegt und der Arbeitnehmer arbeitsvertraglich mehrere Tage in der Woche seine Arbeitsleistung an dem häuslichen Telearbeitsplatz zu erbringen hat. Erfolgt die Arbeit hingegen ohne arbeitsvertragliche Verpflichtung und wird der prägende Teil der Arbeitsleistung im Büro der Gesellschaft verrichtet, liegen die Voraussetzung der Abzugsbeschränkung auf 1.250 EUR hingegen vor.

Sachverhalt
A und B sind selbständige Steuerberater und jeweils hälftig an einer Partnerschaftsgesellschaft beteiligt. Die Gesellschaft hat ihren Geschäftssitz in einer als Praxisräume gestalteten Eigentumswohnung. Dort befinden sich die Arbeitsplätze der Mitarbeiter und Büroräume der Partner. Daneben nutzt A einen Raum in seiner Privatwohnung für die berufliche Tätigkeit. Der Raum ist mit umfassender Literatur ausgestattet und verfügt über einen Telearbeitsplatz, von dem aus der Zugriff auf das Netzwerk der Gesellschaft möglich ist. A beantragte den Abzug der Aufwendungen im Rahmen von Sonderbetriebsausgaben als Kosten für ein häusliches Arbeitszimmer, für das die Abzugsbeschränkung von 1.250 EUR nicht eingreife. A berief sich dabei auf ein Urteil des Finanzgerichts (FG) Rheinland-Pfalz. Das Finanzamt und nachfolgend das FG Düsseldorf sahen den qualitativen Schwerpunkt der Betätigung des A in den Praxisräumen der Gesellschaft. Hiergegen wurde Revision eingelegt und der unbeschränkte Kostenabzug beantragt.

Entscheidung
Der Bundesfinanzhof ließ die Revision mangels Divergenz nicht zu. Die Richter sahen den vorliegenden Fall als nicht vergleichbar an. Ein unbeschränkter Kostenabzug komme nur dann in Betracht, wenn die Einrichtung des Telearbeitsplatzes im betrieblichen Eigeninteresse des Arbeitgebers liege und der Arbeitnehmer arbeitsvertraglich mehrere Tage in der Woche seine Arbeitsleistung an dem häuslichen Telearbeitsplatz zu erbringen habe. A hingegen konnte jederzeit die gewöhnlichen Praxisräume der Gesellschaft für seine Tätigkeit nutzen. Das heimische Arbeitszimmer stelle ebenso wenig den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Tätigkeit dar, da A die wesentlichen Arbeiten eines Steuerberaters in den Praxisräumen erbringe. Hierzu zählen unter anderem die Organisation, die Auftragsannahme, die Beratung der Mandanten, die Sichtung der Tagespost sowie die Überwachung der Fristenkontrollbuches.

Konsequenz
Das Urteil bestätigt die ständige Rechtsprechung und die Verwaltungsauffassung. Das Urteil des FG Rheinland-Pfalz war bereits deshalb nicht vergleichbar, da der Arbeitnehmer im dortigen Fall kraft arbeitsvertraglicher Verpflichtung ein häusliches Arbeitszimmer nutzte und die Nutzung im eigenbetrieblichen Interesse des Arbeitgebers erfolgte. In Fällen, in denen der qualitative Mittelpunkt der Tätigkeit nicht im Arbeitszimmer liegt, sollte zudem stets die Voraussetzung des "anderen Arbeitsplatzes" geprüft werden.

25. Unzureichender Behindertenschutz durch Pflichtteilsstrafklausel

Rechtslage
Der Schutz des Vermögens, das ein Erblasser einem behinderten Erben, der Sozialleistungen bezieht, zukommen lassen will, um dessen Lebensstellung über die reinen Sozialleistungen hinaus zu verbessern, ist inzwischen anerkannt. Er wird sichergestellt durch sogenannte Behinderten-Testamente. Allerdings gibt es, insbesondere dann, wenn Eltern zugunsten behinderter Kinder nicht rechtzeitig handeln, Fallstricke, die dazu führen, dass Behinderten-Testamente ins Leere laufen. Einen solchen Fall hatte das Oberlandesgericht Hamm zu entscheiden.

Sachverhalt
Ein Ehepaar hatte in den 70er Jahren ein erstes Ehegatten-Testament errichtet, in dem sie sich zu wechselseitigen Erben im ersten Todesfall und die Kinder zu Schlusserben für den zweiten Todesfall eingesetzt hatten. Zugleich hatten sie eine sogenannte Pflichtteilsstrafklausel vereinbart, wonach ein Kind, das im ersten Todesfall seinen Pflichtteil geltend machte, auch im zweiten Todesfall auf den Pflichtteil beschränkt war. Eines der Kinder war behindert und bezog Sozialleistungen. Nach dem Tode des ersten Elternteils errichtete der zweite Elternteil ein sogenanntes Behindertentestament, ohne dazu im ersten Testament ausdrücklich berechtigt gewesen zu sein. Nach dem Tode des zweiten Elternteils machte der Sozialleistungsträger, der bereits nach dem ersten Todesfall den Pflichtteilsanspruch für das behinderte Kind geltend gemacht hatte, erneut den Pflichtteil geltend.

Entscheidung
Das Gericht ließ die Geltendmachung des Pflichtteils nach dem Tode des zweiten Elternteils zu. Da das Behinderten-Testament ohne ausdrückliche Ermächtigung im ersten Testament aus den 70er Jahren errichtet worden sei, habe das Ehegattentestament nach dem Todesfall des ersten Elternteils Bindungswirkung erlangt. Das Behinderten-Testament konnte also gar nicht wirksam errichtet werden, so dass der Sozialleistungsträger den zweiten Pflichtteilsanspruch auf sich überleiten und geltend machen konnte.

Konsequenz
Die Entscheidung zeigt, dass Nachfolgeplanung zu einem frühen Zeitpunkt einsetzen muss. In der Beratung muss zur Vermeidung von Haftungsrisiken geklärt sein, welche erbrechtlichen Grundvoraussetzungen bestehen.

26. Zum Pflegekindschaftsverhältnis beim Kindergeld

Kernaussage
Auch für ein 17 Jahre altes Pflegekind kann Kindergeldanspruch bestehen, wenn zwischen dem Kind und dem Steuerpflichtigen ein familienähnliches, längerfristiges Band besteht, das Kind nicht zu Erwerbszwecken aufgenommen wurde und ein Obhuts- und Pflegeverhältnis zu den Eltern nicht mehr gegeben ist. Ein solches Obhuts- und Pflegeverhältnis setzt die Möglichkeit der Ausübung wesentlicher fürsorgender Aktivitäten voraus, welche aufgrund der Distanz zu der im Irak lebenden Mutter und der spärlichen Telefonkontakte nicht gegeben ist.

Sachverhalt
Die Klägerin beantragte Kindergeld für ihre am 8.8.1995 geborene Nichte W. Die Klägerin wie auch deren Nichte sind im Besitz der irakischen Staatsangehörigkeit. Die Klägerin war zwischen Mai 2010 und April 2013 im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis, die auch eine Erwerbstätigkeit gestattete. Die Klägerin ist seit April 2013 im Besitz einer Niederlassungserlaubnis. Seit März 2013 ist die Klägerin Vormund von W, die laut Meldebescheinigung seit September 2012 bei dieser wohnt. Seit November 2012 besucht W ein Berufskolleg. Ihr Vater verstarb 2002 und ihre Mutter, Schwester der Klägerin, lebt im Irak und hat nur spärlichen Telefonkontakt zu ihrer Tochter. Die Familienkasse lehnte den Antrag auf Kindergeld ab, da sie der Auffassung war, dass kurz vor Eintritt der Volljährigkeit grundsätzlich keine familienähnliche Bindung begründet werden kann und somit kein Pflegekindschaftsverhältnis vorliegt.

Entscheidung
Das Finanzgericht gab der Klage statt. Ein Pflegekind ist eine Person, mit der der Steuerpflichtige durch ein familienähnliches, auf längere Dauer berechnetes Band verbunden ist. Das Kind darf jedoch nicht zu Erwerbszwecken aufgenommen worden sein und ein Obhuts- und Pflegeverhältnis zu den Eltern darf nicht mehr bestehen. Die Familienkasse verneint die Möglichkeit, bei bevorstehender Volljährigkeit ein familienähnliches Band noch begründen zu können. Vorliegend bestand das "Aufsichts-, Betreuungs- und Erziehungsverhältnis" noch über 10 Monate, was ausreichend Zeit für die Begründung eines solchen Bandes ließ. Zu den leiblichen Eltern bestand hingegen in diesem Zeitraum kein Obhuts- und Pflegeverhältnis mehr. Der spärliche Telefonkontakt mit der Mutter reicht hierfür nicht aus.

Konsequenz
Wesentlicher Betrachtungspunkt eines Pflegekindschaftsverhältnisses ist die Ausübung von Obhuts- und Pflegeaktivitäten.

27. Kosten von Nahrungsergänzungsmitteln: Berücksichtigung als außergewöhnliche Belastung?

Kernproblem
Krankheitskosten erwachsen dem Steuerpflichtigen grundsätzlich zwangsläufig, weil er sich ihnen aus tatsächlichen Gründen nicht entziehen kann. Das rechtfertigt einen Abzug als außergewöhnliche Belastung bei Ermittlung der Einkommensteuer, soweit die zumutbare Eigenbelastung überschritten ist. Von einem Steuervorteil ausgenommen sind ausdrücklich die Aufwendungen für Diätverpflegung. Das Abzugsverbot wurde 1974 eingeführt und unter anderem damit begründet, dass die Steuerermäßigung bis dahin vielfach ungerechtfertigt in Anspruch genommen wurde, denn die Einhaltung der Diät könne nicht nur zu einer Mehrbelastung, sondern auch zu Einsparungen führen. Trotz des gesetzlichen Abzugsverbots werden Fälle an den Finanzgerichten anhängig, denn der Begriff "Diät" ist nicht immer eindeutig.

Sachverhalt
Beim Finanzgericht Düsseldorf begehrte eine Klägerin den Aufwand für Nahrungsergänzungsmittel als außergewöhnliche Belastung. In ihrer Einkommensteuererklärung hatte sie über Apotheken bezogene Vitamine und andere Mikronährstoffe für verschiedene Präparate (z. B. Benfotiamin, Vitamin A und D, Biotin, Vitamin B2 laktosefrei, Adenosylcobalamin, Kalzium und Vitamin D, Bio-C-Vitamin) geltend gemacht. Der Klägerin wurde ärztlich bescheinigt, dass sie unter einer chronischen Stoffwechselstörung leide, die keine medikamentöse Behandlung indiziere, sondern die laufende Einnahme von Mikronährstoffen erforderlich mache. Das Finanzamt lehnte den Abzug mit Hinweis auf das Abzugsverbot ab.

Entscheidung
Das Finanzgericht wies die Klage zurück. Nach Auffassung der Richter gelte das gesetzliche Abzugsverbot auch für den Fall, dass die Diätverpflegung nicht nur neben, sondern anstelle von Medikamenten zur Linderung der Krankheit benötigt werde. Gleiche Rechtsfolge trete ein, wenn die Diät aufgrund einer ärztlichen Verordnung unmittelbar als Therapie eingesetzt und damit Medikamentencharakter habe. Die geltend gemachten Aufwendungen subsumierte das Gericht auch als solche einer Diät, denn hierunter sei die auf die Bedürfnisse des Patienten und der Therapie der Erkrankung abgestimmte Ernährung zu verstehen. Diese könne in der Einschränkung der gesamten Ernährung, in der Vermeidung bestimmter Anteile oder in der Vermehrung aller oder bestimmter Nahrungsanteile bestehen. Zu den Diäten gehörten auch an ständige Leiden (z. B. Zöliakie) angepasste langzeitige Sonderdiäten, nicht nur kurzzeitig angewandte Einform- oder langfristig angewandte Grunddiäten (z. B. Gicht und Zucker).

Konsequenz
Nahrungsergänzungsmittel unterliegen damit trotz ärztlicher Verordnung dem gesetzlichen Abzugsverbot.

Für Rückfragen stehen wir Ihnen selbstverständlich gerne zur Verfügung.

Mit freundlichen Grüßen

Stephan Gißewski
Steuerberater


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